Was ist richtiges Rechnen?

Zum Weiterdenken

 

   Es gibt überall etwas zu rechnen.

Unseren Kindern muss deutlich gemacht werden, wo, wie und vor allem warum gerechnet wird. Das sollte eigentlich im Mathematikunterricht der Grundschule geschehen.

 

Doch viele Schüler unterliegen einem schwerwiegenden Irrtum: „In der Schule wird gerechnet“ , sagen sie. Und wer nicht zur Schule geht? „Der braucht nicht zu rechnen. Der muss ja arbeiten. Wie Papa.“ Wie kommen Schüler auf solche Antworten?

Was braucht man denn zum Rechnen? „Ein Blatt und einen Stift … oder eine Tafel.“

Kann man auch ohne Stift rechnen? „Eigentlich nicht, denn dann kann man ja nicht die Zahlen schreiben.“ Muss man denn Zahlen unbedingt aufschreiben? „Ja, sonst ist es ja kein richtiges Rechnen!“

Viele Schüler erklären auf diese Weise, was Rechnen ist – das richtige“ Rechnen!

 

Zweit- aber auch Fünftklässler antworten so. Überwiegend Mädchen. Der Schulerfolg ist dementsprechend dürftig und Text- oder Sachaufgaben bleiben über Jahre ein Buch mit sieben Siegeln. Denn:

 

Das richtige Rechnen besteht für sie vorwiegend aus schönen Päckchen, Umkehraufgaben, schriftlichen Rechenverfahren, geheimnisvollen Tricks mit Nullen und der „kleinen Eins“. Die Wissenschaft gibt diesem Phänomen der verständnislosen Bewältigung von Rechenaufgaben den Begriff „Mechanismus“.Juli 2010 - Juli 2011 069

 

   Gibt es auch ein falsches Rechnen?

Ich kann jetzt schon viel besser in der Schule rechnen! Sag‘ mir mal ne‘ Aufgabe!“ O.K.: Auf der Weide stehen 22 Pferde, in der Nacht ein Unwetter, ein Blitz schlägt ein, sie stürmen zum Gatter … morgens sind nur noch 15 da.

„Nein, nicht so was! Ich meine eine richtige Matheaufgabe!“

 

 

Die deutsche Industrie und das deutsche Handwerk klagen von Jahr zu Jahr lauter: Die jungen Auszubildenden wissen zwar, wie man das Werkzeug hält, aber nicht an welcher Stelle es angesetzt werden muss!

 

Mangelnde Rechenfähigkeiten werden als ein wesentlicher Grund für gescheiterte Ausbildungen genannt.

Lehrmeister und Berufsschullehrer schlagen immer öfter die Hände über dem Kopf zusammen: AUSrechnen können sie schon, was man ihnen vorgibt, aber kaum noch etwas selbständig ERrechnen oder BErechnen!

 

Das heißt:

Viele junge Erwachsene wissen oftmals nicht ihre Tätigkeiten in mathematische Lösungswege zu übertragen. Sie sägen oder bohren dann an der falschen Stelle, mischen zu viel oder zu wenig Inhaltsstoffe bei, bestellen falsche Mengen, berechnen die Kosten falsch, schätzen Arbeitsabläufe zeitlich falsch ein, nehmen Kredite auf in der falschen Annahme, es bald wieder zurückzahlen zu können.

 

   „Wir lernen für’s Leben, nicht für die Schule“

Doch nicht wenige Schüler gewinnen in der Grundschulzeit den Eindruck, Rechnen sei von der Schule für die Schule erfunden worden. Warum? „Weil es ja dafür Noten gibt.“ Dabei wünschen sich viele Lehrer eine Schule ohne Noten.

 

Was meinst du, wer hat das Rechnen erfunden?

Bestimmt die Bundeskanzlerin, oder … so genau weiß ich’s nicht?“ Wenn eine Viertklässlerin so antwortet, mag das erst einmal witzig klingen … die Tragik dahinter bekommen jedoch das Kind und auch die Eltern deutlich zu spüren. Mit jedem Schuljahr heftiger. Nicht selten endet der Weg beim Kinderpsychologen.

 

Der einzige nennenswerte positive Gesichtspunkt in diesem Falle: Die Krankenkasse zahlt die psychologische Behandlung.

Rechnen kann das Kind trotzdem noch nicht.

 

Und die Wartelisten der Kinderpsychologen werden immer länger …